Meidlinger Wildhamster mit Röntgenaugen, ein Zombie-Soldat am Spendentelefon, eine grandiose Songcontest-Performance, im Zentrum eine Talkshow gegen den heteronormativen TV-Mainstream mit Interviews und workplace-Porträts der beiden Gäst*innen Em Gruber (Monitoringausschuss für Menschen mit Behinderungen) und Iris Kopera (Selbstvertretungszentrum für Menschen mit Lernschwierigkeiten); dazwischen gebärdensprachlich interpretierte Zitate der verstorbenen Künstlerin-Autorin Ianina Ilitcheva, die C‑TV eine Art Kapitelstruktur geben – das Ganze wird eingerahmt von Newsroom-Meldungen über mysteriöse seismografische Erschütterungen der Gesellschaft.
C‑TV (Wenn ich Dir sage, ich habe Dich gern…) von Cordula Thym und Eva Egermann über den fiktiven Fernsehsender gleichen Namens ist ein „farbenfrohes Genre-Multiversum“ (Madeleine Bernstorff), das utopisches Scifi-Kino, Dokufiction, Perfomance, Lesung und mehr verknüpft und damit die ableistische, heteronormative Medienwelt herausfordert. Menschen mit Behinderungen, chronischen Krankheiten und Neurodiversität werden oft als „narrative Prothese“ (David T. Mitchell & Sharon L. Snyder), also eine Art Gegenfolie zu Vorstellungen von „Ganzheit“ oder „Normalität“ inszeniert und zumeist rein als Rezipient*innen statt als Produzent*innen von Kultur gesehen. Spielerisch, humorvoll, poetisch, mit Form und Struktur experimentierend entwerfen die Regisseur:innen dagegen eine Welt (samt Open Captions und Audiodeskription für gehörloses Publikum), in der Teilhabe und Inklusion, Agency und Sichtbarkeit weit stärker als in unserer gegenwärtigen realisiert sind. Dafür erhielt C‑TV 2023 zurecht den Diagonale-Preis für Innovatives Kino.
Am Ende stehen Filmcrew und Protagonist:innen nebeneinander und schauen in den Himmel: „Aus einem muschiförmigen Riss in der Wolkendecke fällt ein breiter goldener Sonnenstrahl.“
(Marie-Noëlle Yazdanpanah)